Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger von Bad Soden, liebe Gäste,
Ich möchte mit einem Dank an die Beschäftigten der Stadt Bad Soden beginnen. Sie waren für die Bürgerinnen und Bürger immer da. Personalmangel in manchen Abteilungen und besondere Situationen führten dazu, dass sie oftmals weit über das Übliche hinaus arbeiteten. Ihnen allen möchte ich im Namen der SPD Bad Soden für Ihren Einsatz und Ihr Engagement herzlich danken.
Denn im Rückblick war 2022 ein Jahr mit wirklich großen Herausforderungen
- es begann mit dem russischen Angriff auf die Ukraine
- dann kam der Hitzesommer mit großer Trockenheit
- die Energiekrise brachte steigende Strom- und Gaspreise und hohe Inflation
- und das alles vor dem Hintergrund der anhaltenden Corona-Pandemie.
Alle diese schockartigen Ereignisse haben Auswirkungen auf kommunaler Ebene.
Die Verwaltung musste einiges stemmen, um die Flüchtlinge unterzubringen und mit dem Notwendigen zu versorgen. Zur Koordinierung der Ukraine-Hilfe wurde eine weitere Stelle in der Verwaltung etabliert. Glücklicherweise fanden sich in Bad Soden viele Bürger, die bereit waren, Menschen auf der Flucht aufzunehmen. Außerdem gründete sich der Verein Bad Soden hilft. Der Verein versorgt Menschen mit Kleidern, Schuhen, Möbeln und hilft, wo er kann. All das verdienst große Anerkennung.
Hilfreich erwies sich das Projekt Deine Chance. Es ermöglicht Sprachkurse und Integrationsangebote hier direkt vor Ort. Das ist gut so und soll auch so bleiben. Deshalb begrüßen wir es ausdrücklich, dass der Antrag der BSB zu Deine Chance abgelehnt wurde. Die BSB wollte bekanntlich den städtischen Zuschuss an Deine Chance streichen. Sehr vernünftig, dass das nicht zum Tragen kam.
Als hilfreich in der Krise erwies sich auch die Schwalbacher Tafel. Etwa 250 Bürger aus Bad Soden bekommen dort jede Woche Unterstützung beim Lebensunterhalt. Das sind zum Teil Ukrainer, Geflüchtete aus anderen Ländern und Menschen, die mit den gestiegenen Preisen für Energie und Lebensmittel einfach nicht mehr Schritt halten können.
Wir wollen auch weiterhin diese sozialen Institutionen unterstützen. Wir begrüßen es, dass der Tafelzuschuss erhöht wird. Wir hätten uns aber gewünscht, diese Erhöhung dauerhaft zu beschließen. Wir wollen deshalb den Sperrvermerk auf den städtischen Zuschuss für die Schwalbacher Tafel so bald wie möglich aufheben. Denn der Winter steht erst noch bevor und die Zahl der Hilfesuchenden dürfte weiter steigen.
Als wir Anfang des Jahres im Stadtparlament über eine Ausfallbürgschaft diskutiert haben, hatte niemand den Anstieg der Energiepreise voraussehen können. Die Bürgschaft hatte der Tennisclub Blauweiß beantragt, um in Neuenhain eine weitere Traglufthalle über den Tennisplatz zu bauen. Die bürgerlichen Fraktionen hier im Stadtparlament lobten den Geschäftsplan dieses Projekts in höchsten Tönen.
Wir nicht. Stattdessen haben wir frühzeitig auf den hohen Energieverbrauch einer solchen Traglufthalle verwiesen und gegen die Ausfallbürgschaft gestimmt. Die mit Gas beheizte Halle steht inzwischen. In einem halben Jahr braucht leider so viel Energie wie zwölf Einfamilienhäuser. Das unter Energiegesichtspunkten fragwürdige Projekt wird auch in der Öffentlichkeit kritisch gesehen. An der Traglufthalle macht sich fest, dass in der Politik Bad Sodens das Bewusstsein für Energiesparen und Klimaschutz bis heute nicht wirklich angekommen ist.
Wie sonst lässt es sich erklären, dass in unserer Stadt vieles beim Alten bleibt. Da ist die Diskussion über die Weihnachtsbeleuchtung nur ein Beispiel von vielen. Es wird hier kaum eingespart, obwohl das ohne großen Aufwand möglich wäre. Wir fragen uns an der Stelle: Müssen wirklich alle Lichterketten aufgehängt werden? Muss die Alleestraße geschmückt werden oder reicht in der Kernstadt nicht die Königsteiner Straße? Braucht es wirklich früh um halb sieben Weihnachtsbeleuchtung, wenn die Menschen zur Arbeit fahren?
Um es deutlich zu machen: Wir wünschen den Bürgerinnen und Bürgern von Herzen eine besinnliche Adventszeit. Wir glauben aber, dass bei der Weihnachtsbeleuchtung weniger mehr ist. Noch bleibt der Verwaltung ja Zeit, das bisherige Konzept zu überdenken. Wirklich gut wäre hier ein Zeichen für Energiesparen und mehr Klimaschutz.
Apropos Klima. Auch wenn es nur wenigen bewusst ist. Seit März ist Bad Soden Klimakommune. Als eine der letzten Städte im Main-Taunus-Kreis ist Bad Soden dem Klimabündnis Hessen aktiv beigetreten. Aus unserer Sicht ein bedeutender und zukunftsweisender Schritt. Unsere Fraktion hatte ihn schon 2021 beantragt. Erst nach einer längeren Prüfung fand er die Zustimmung aller Fraktionen.
Aber: aus dem Beitritt zum Klimabündnis ist bisher kaum etwas erfolgt. Weder hat sich die Stadt in der Lage gesehen, eine CO2 Bilanz, also eine Aufstellung der Treibhausgasemissionen, zu erstellen. Noch wurde ein Klimaaktionsplan gemacht, obwohl im Haushalt dafür die Mittel eingestellt waren. Als Grund wurde die angespannte Personalsituation in der Verwaltung angeführt. Es wäre ja möglich gewesen, eine CO2-Bilanz extern zu vergeben und erstellen zu lassen. Wir finden, eine verpasste Chance.
Als Klimakommune kann man bei der Landesenergieagentur Fördermittel beantragen. Benachbarte Städte haben das erfolgreich gemacht. In Kronberg wurde eine Solarkampagne gefördert. In Königstein gab es eine Aktion zu Mehrwegverpackung. Hofheim baut eine große Photovoltaikanlage auf seine Feuerwache zusammen mit der Genossenschaft Solarinvest. Diese Beispiele in unserer Nachbarschaft zeigen, da geht was. Sie sollten Mut machen, auch bei uns mehr Klimaschutzprojekte zu entwickeln und die Energiewende auf lokaler Ebene zu ermöglichen.
In dem Zusammenhang finden wir es sehr schade, dass Bad Soden die erhöhten Fördersätze für Klimaschutzmaßnahmen bis Ende dieses Jahres nicht genutzt hat. Das wäre gerade angesichts der angespannten Haushalts-Lage gut gewesen! Bad Soden kann es sich nicht leisten, Gelder liegenzulassen. Die Sätze sind bis Ende dieses Jahres um 10 Prozent erhöht und die maximalen Förderbeträge liegen bei 400.000 Euro statt 250.000 Euro. Leider ist der Stadt durch den Zeitverzug ein nennenswerter Betrag entgangen. Wir hoffen hier in Zukunft auf mehr Entschlossenheit.
Impulse dazu erwarten wir von dem neuen Mitarbeiter der Stadtverwaltung, der am 1. November seine Tätigkeit aufgenommen hat. Und er sollte mehr fürs Klima tun, als aus seiner Stellenbeschreibung bisher hervorgeht. Vordringlich ist dabei, dass die Stadt Bad Soden schnellstmöglich eine Treibhausgasbilanz aufstellt. Denn sie ist die Ausgangsbasis und das Steuerungselement für Klimaschutzmaßnahmen.
Jetzt werden manche sagen, ach das ist doch alles nur Schwarzmalerei. Manche werden darauf verweisen, dass es seit diesem Sommer doch eine virtuelle Wasserampel gibt. Die Bürger werden bei großer Trockenheit aufgefordert, den Garten nicht zu bewässern und sparsam mit Wasser umzugehen. Neu ist auch, dass wir im nächsten Haushalt einen Klimaförderpreis haben, der mit 2500 Euro dotiert ist.
Diese Maßnahmen sind aber nur ein Feigenblatt. Den großen Wurf können wir darin beim besten Willen nicht erkennen. Sie bleiben Symbolpolitik, solange die Stadt selbst keine eigenen Projekte zum Schutz des Klimas auflegt und dabei mit gutem Beispiel vorangeht. Es bleibt der Eindruck, dass die Stadt eher lustlos an das Thema herangeht und es lieber den Bürgern überlässt, sich darum zu kümmern.
Abschließend zum Thema Finanzen. In der Präsentation von Bürgermeister Dr. Blasch zum Haushalt haben wir gehört, dass keine Kreditaufnahmen im Jahr 2022 erforderlich sind. Und dass der städtische Schuldenstand sich leicht reduziert hat. Das sieht auf den ersten Blick ganz gut aus. Aber ist es das wirklich? Wie kam es dazu und was bedeutet das für die Zukunft?
Die Gründe lassen sich leicht ersehen. Da ist zum einen das unerwartet gute Ergebnis bei der Gewerbesteuer. Das spült 4 Mio. Euro mehr in die städtischen Kassen. Das ist wirklich gut! Der eigentliche Grund aber ist: Es geht zu wenig voran in der Stadt. Viele Investitionen wurden vertagt und auf die lange Bank geschoben. Stattdessen wurden Haushaltsreste aufgebaut. 38 Millionen Euro schiebt die Stadt als Haushaltsreste vor sich her.
Das ist mehr als das Doppelte des Vorjahres. Ein trauriger neuer Rekord! Wen es interessiert: Die Liste der nicht realisierten Maßnahmen ist nachzulesen auf Seiten römisch 13 bis 15 im Vorbericht zum Haushalt. Dabei ist das nur eine Übersicht über die wesentlichen Projekte. Kleinere Maßnahmen werden dort gar nicht beziffert.
Ein Haushaltsrest für Investitionen bedeutet eine für die Zukunft geplante Ausgabe. Die Kreditaufnahme für die aufgeschobene Maßnahme wird erst dann vorgenommen, wenn das Geld wirklich gebraucht wird. Bei uns betrifft das insbesondere die Kreditaufnahme für die neue Feuerwache. Seit fünf Jahren diskutieren und beraten wir über das Projekt. Die Baupreise sind in der Zwischenzeit um ein Drittel gestiegen. Die Feuerwache könnte heute schon im Rohbau stehen. Stattdessen hat eine Überarbeitung der Pläne, um vermeintlich Geld zu sparen, dazu geführt, dass das Projekt mindestens 6 Millionen teurer wird.
In Zeiten von rasant steigenden Zinssätzen und Inflation sind Haushaltsreste also keine gute Perspektive. Was wir brauchen ist eine zügigere Umsetzung von Investitionsmaßnahmen. Keine Investitionen bedeuten zwar keine neuen Schulden in diesem Jahr. Aber der Investitionsstau, der sich in Bad Soden angesammelt hat, bedeutet höhere Schulden und höhere Folgekosten in der Zukunft.
Der Investitionsstau ist auch kein Ausweis einer dynamischen Stadtentwicklung. Manche erinnern sich vielleicht: Da gab es doch mal so was wie ein Stadtentwicklungskonzept! Mancher Bürger fragt sich, warum es seinerzeit mit großer Beteiligung durchgeführt wurde und dann sang-und-klanglos in den Schubladen verschwindet. Und viele fragen sich, warum im Stadtgebiet Brachflächen ewig vor sich hindümpeln. Ein unrühmliches Beispiel ist der ehemalige Ballsportplatz in der Talstraße. Die Jugendlichen warten seit Jahren darauf, dass sich dort etwas tut.
Ärgerlich ist auch, dass im nächsten Jahr mit einer höheren Kreisumlage zu rechnen ist. Es ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar, dass der Main-Taunus-Kreis einen teuren Erweiterungsbau des Kreishauses hinstellt für 33 Millionen und mit einem dritten Kreisbeigeordneten den Apparat aufbläht und unnötige Kosten verursacht. Ohnehin ist die Kreisumlage des Main-Taunus-Kreises dem Volumen nach die höchste in ganz Hessen.
Nun sollen die Kommunen des Kreises noch mehr hinblättern. Für Bad Soden bedeutet dies ungefähr 1,8 Millionen Euro weniger in der Kasse. Das sollte denen zu denken geben, die im Kreis für die Mehrheit von Landrat Cyriax sorgen und das mitverantworten.
Bezüglich unseres städtischen Haushalts sehen wir also Handlungsbedarf bei Klimaschutz und Investitionen. Deshalb haben wir eine weitere Stelle im Bereich Gebäude und Liegenschaften beantragt. Wir brauchen dringend mehr Personal, damit die geplanten Projekte zügiger abgearbeitet werden können. Leider wurde die von uns beantragte Stelle zunächst mit einem Sperrvermerk versehen.
Uns ist es wichtig, unsere Stadt für die Zukunft auszurichten. Das verspricht dieser Haushalt nicht. Aber weil unseren Anträgen, wenn auch nur halbherzig, gefolgt wurde, sind wir nach intensiven Beratungen zum Haushalt zu dem Schluss gekommen: Trotz zahlreicher Schwächen werden wir den Haushalt 2023 nicht ablehnen. Wir werden uns enthalten. Dieses Votum unserer Fraktion ist ein Signal für Gesprächsbereitschaft. Es ist ein Appell an die Stadt für eine strategische Neuausrichtung und für mehr Tempo.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Bad Soden, 16. November 2022
Dr. Martina Helmerich